Um für München zu werben, bauten die Olympia-Architekten um Günter Behnisch ein 3D-Modell im Maßstab 1:1000. Schon bald wollte jeder eines haben.
Das gesamte Areal des Oberwiesenfeld mit den geplanten Olympiabauten wurde ca. 1968/69 unter der Regie von R.Augustin (Architekt des Fremdenverkehrsamtes München und Leiter des Werbe Ateliers in Dirnismaning) und G.Ott (organisatorischer Leiter des Modellbaus u. verantwortlich für die Finanzen) im Maßstab 1:1000 nachgebaut. Es war sehr begehrt, denn jeder, der mit den Spielen zu tun hatte, wollte eines haben, von den Sponsoren bis zu den Organisatoren der Winterspiele in Saporro. Also wurde eine Kleinserie produziert. Die genaue Anzahl der gebauten Modelle war viele Jahre nicht bekannt. Man vermutete, dass es etwa 200 Stück gewesen sind, wie in der Dokumentation „Die Spiele“ 1973, Band 2, Seite 200 nachzulesen ist. Weitere Angaben fanden sich nicht.
Ende 2022 meldete sich dann jemand bei mir, dem ein Bekannter diesen Beitrag hier gezeigt hat. Sein Name: Karl Lehner. Er war 1972 bei der Firma Ott Leiter der Ausführung des Baus der Kleinserie der hier gezeigten Modelle. Mit ihm habe ich dann ein langes Gespräch geführt und sein großes Wissen über die Modelle hier einfließen lassen.
Herr Lehner erzählt, daß es exakt 350 fortlaufend nummerierte Modelle gab. Erstmals steht also gesichert fest, wieviele Exemplare gebaut wurden. Diese wurden im Atelier Dirnismaning gebaut, da dazu sehr viel Platz notwendig war. Ein gutes Dutzend der Modelle wurde sogar mit Druckknöpfen und Leuchtpunkten versehen. Der Modellbau startete im Januar 1971 und endete etwa drei Monate vor Beginn der Spiele. Die Modelle wurden in aller Herren Länder verschickt. Einige kamen kaputt zurück und wurden dann bis ca. 6 Monate nach den Spielen von Karl Lehner, seiner Frau und einer Kollegin aus dem Fremdenverkehrsamt in seinem Atelier in Thalkirchen wieder restauriert.

Alle Modelle sind wunderschön anzusehen. Besonders, wenn man seinen Kopf senkt und schräg über die Platte schaut, wirken die Modellbauten sehr real. Das gesamte Areal des ehemaligen Oberwiesenfeld ist nachgebaut. Vom Olympiaberg, über den See, dem Stadion, der Halle, dem Turm bis hin zum Olympischen Dorf und der heutigen ZHS.
Das erste Modell der geplanten Olympiaanlagen wurde von der Firma Antolkovic Modellbau für die Bewerbung in Rom gebaut. Milan Antolkovic war Fachmann für Anschauungsmodellbau. Nach Angaben des Modellbauerverbands war er viele Jahre Vorsitzender des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit und verstarb am 20. Oktober 2019 im Alter von 89 Jahren (siehe hier Seite 12).
Herr Lehner nutzte das Urmodell, um Abdrücke zu machen. Aus diesen wurden dann im Vakuumtiefzugverfahren (durch die Fa. Wacker München) die Landschaftsfolien der Serienmodelle gezogen. Dazu waren tausende kleiner Löcher notwendig, um die Luft abzusaugen. Die Bauwerke, wie das Stadion, wurden durch Formen aus Silikon „abgedruckt“ und dann durch die Fa. Wehrling aus München-Sendling gegossen. Die Wege und Straßen hat die Fa. Mohre & Meier aus Dirnismaning im Siebsdruckverfahren hergestellt und gestanzt. Sie wurden einfach aufgeklebt. Der Olympiasee wurde aus blauer Folie mit einem eigens angefertigten Werkzeug ausgestanzt und eingeklebt.
Selbst die damalige S-Bahn-Station nahe der Pressestadt ist auf dem Modell zu sehen (hier ganz oben der weiße Streifen). Mir ist genau ein Modell (des Stadtmuseums) bekannt, bei dem dort auch ein einfacher S-Bahn-Zug (längliches, weißes Stück Holz/Kunststoff) stand. Der Zug von diesem Modell wurde jedoch leider gestohlen. Er war offenbar leicht abzumachen, da ich ihn auch auf keinem anderen Modell gesehen habe. Ich erhoffte mir also, von Herrn Lehners Modell #292 die Maße der S-Bahn zu bekommen und eine Kopie davon anfertigen zu können. Herr Lehner sagte aber, dass es diesen Zug im Original nie gab. Er musste also irgendwann von jemandem in dieses eine Modell im Stadtmuseum „hineingeschmuggelt“ worden sein. Der Verlust ist daher zu verschmerzen, denn der Dieb hat den Urzustand wieder hergestellt.

Die Modelle bestehen aus zwei gleich großen Platten, die mittels Stiften und Inbusschrauben verbunden werden und so auf die Gesamtmaße von ca 205cm x 174cm kommen. Die Grundplatte und die Transportkisten hat die Fa. Kugelmann aus Buchloe gefertigt.
Herr Lehner erzählte, dass alle Modelle in seiner Werkstatt gebaut wurden. Teilweise bis zu 20 Mitarbeiter:innen klebten Folien, steckten Häuser und fixierten die kleinen aus dem Modellbau bekannten Papierkügelchen auf Stiften zu Bäumen.
Einige Modelle haben im Stoß der Platten keine Nummer, obwohl dort alle 350 Modelle beim Bau mit einer Nummer gestempelt wurden. Es ist unklar, ob die mit einer Art Tinte gestempelten Nummern abgerieben oder beim Reinigen entfernt wurden. Laut Herrn Lehner wurden jedenfalls alle Modelle nummeriert. Er kann sich nicht erklären, wie die Nummern „verschwinden“ konnten, die Farbe war nicht wasserlöslich.
Besonders der Olympiaturm des Modells zieht Menschen magisch an, daher „verschwindet“ er leider gerne, wenn man ihn nicht sichert und schützt. Gedrechselt wurden die Türme 1971/72 übrigens vom Münchner Drechslermeister Peter Seiler aus der Blutenburgstraße, der für ca. 60€ brutto heute noch Türme von der Original-Schablone nachdrechselt, wenn man ihn nett darum bittet. Günstiger wird es im 3D-Druck. Eine gute und stabile 1:1-Kopie des Original-Turms aus dem Modell können Interessierte für etwa 15€ bekommen. Natürlich sind die aus Holz von Peter Seiler viel schöner anzusehen. In unserem Gespräch gab Herr Lehner übrigens an, dass die Vorlage des Turms von ihm auf einer Metalldrehbank gefertigt wurde.
Die seltenen Modelle erreichen auf Auktionen Preise bis zu 10.000€. Von gerade mal ein paar Modellen liegen Informationen vor, wo sie existieren bzw. stehen (siehe Tabelle unten).
Das allererste Modell des Parks (also vor den 350 Serienmodellen) war übrigens jenes, mit dem das Team um Günter Behnisch den Architekturwettbewerb gewonnen hat. Auf einem Bild im Münchner Stadtarchiv bestaunen es der damalige Finanzminister Franz-Josef Strauß , der Jury-Vorsitzende Prof. Dr. Eiermann, Münchens Bürgermeister Hans-Jochen Vogel sowie NOK-Präsident Willi Daume.
Danke an Karl Lehner für seine tolle Arbeit 1971-72 und die ganzen Information, die wir hier einstellen dürfen. Weiter unten gibt es noch weitere Fotos sowie Screenshots von früheren Auktionen zweier Modelle mit Preisen.
Von folgenden Modellen liegen mir Informationen vor. Sollten Sie von weiteren Modellen wissen, melden Sie sich bitte hier per E-Mail. Danke.
# | Standort | Ursprung | Nr. |
---|---|---|---|
1 | Münchner Stadtmuseum (nicht ausgestellt) | 187 | |
2 | Münchner Stadmuseum (nicht ausgestellt) | 264 | |
3 | Stadtarchiv | 232 | |
4 | Alte Mensa Olympiadorf | ||
5 | Kirchenzentrum Olympiadorf | 120 | |
6 | ODBG Büro | ohne | |
7 | ODBG (ohne Turm) | ||
8 | ODBG (ohne Turm) schlechter Zustand | Schenkung | ohne |
9 | Privatsammlung Connollystraße | BMW | ohne |
10 | Galerie Brandt (ohne Turm) | Foyer Turm | |
11 | Haus der Bayerischen Geschichte, Regensburg | HC Wacker München | |
12 | Deutsches Historisches Museum Berlin | ||
13 | Stadtgeschichtliches Museum Leipzig | ||
14 | Auktion Quittenbaum 12/2012 | 001 | |
15 | Auktion Quittenbaum 02/2014 | 343 | |
16 | Besucherzentrum am Eisstadion | ||
17 | Nachlass Architekt Werner Ruhnau, Essen | ||
18 | Auktion Quittenbaum 06/2022 (sehr schlechter Zustand) Helene-Mayer-Ring fehlt (abgebrochen), Turm falsch und verbogen, Zeltdach verdreckt und Seile gerissen, Wohnhäuser fleckig, Platte verdreckt, bemalt (Stempel), Limitpreis der Auktion 3.500€ (Stand 03.07.2022) | ohne | |
19 | Modellbauer Karl Lehner (mit Leuchtpunkten) | 292 |
Nun aber genießen Sie den Blick über den Olympiapark und das Olympische Dorf mit Hilfe des Modells.





Hier noch zwei Screenshots von Modell-Verkäufen. Einmal einer eBay Auktion von 2012 (Nr. 10 in der Liste) und der letzten mir bekannten Auktion eines Modells (Nr. 18 in der Liste) vom Juni/Juli 2022. Dieses Modell ist leider in sehr schlechtem Zustand. Es fehlen Teile, der Turm ist falsch und das Modell ist völlig verdreckt und“bemalt“ (Stempel).


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